DIE BRETT-SESSIONS | VOL.1
UNSER KULINARISCHER HERZSCHLAG.
Am Herd
Auf dem Herd
Joseph & Johannes Schreiter
TEAM FRANKFURTER BRETT
Der perfekte Jus
Ofentomaten & Parmesanröstl
Lasagna Ricicleta
Jus.
(Gesprochen: SCHÜÜÜÜ. [ʒy] Mit einem französischen J am Anfang, wie in Jalousie oder Journal.)
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Jene duftende, sämige, goldbraune Essenz, die man eigentlich immer nur in gehobenen Restaurants oder zu Weihnachten bekommt und welche meistens das Beste am ganzen Essen ist.
Dabei sind es nicht die klassischen Gerichte wie Rouladen oder richtig anspruchsvolle Sachen, die wir primär mit Jus in Verbindung bringen - ganz im Gegenteil:
Es ist das entspannte Dippen, Fingerlecken und unkomplizierte Genießen am Ende eines bewegten Abends, was für uns Jus ausmacht und das wir deshalb auch hier in den Mittelpunkt gestellt haben im Rezept mit knusprigem Parmesan-Weißbrot, einer großzügigen Schale Jus zum Dippen und einer Portion Ofentomaten:
Hier ist der Jus ganz ungeniert der Star des Abends mit all seinen Raffinessen, man isst mit Händen und Füßen und jeder kaut langsam mit geschlossenen Augen, weil hier einfach alles perfekt zusammen passt.
HAMMER.
Idealerweise abends auf dem sommerwarmen Balkon mit Wermut oder eiskaltem Weißwein genießen.
Das vollständige Rezept zu unserem herzerwärmenden Nachmittag inklusive Ofentomaten und ein bißchen Küchentischphilosophie zur sozial-revolutionären Komponente von Bratensaft finden sich weiter unten. +
LASAGNA RICICLETA
Traditionell ist die Basis für einen Jus ein großer Haufen Röstgemüse, der nach dem Auskochen meist weg geworfen wird - was uns immer schon gewurmt hat. Das macht zusätzlich den Einkauf auch echt teuer, wenn dann „nur“ 1,5 Liter reiner Jus entstehen.
Diesmal haben wir einfach das Naheliegende gemacht - eine schnelle Lasagne. Allerdings ohne richtiges Rezept, denn was diese Lasagne besonders macht ist nun mal das Röstgemüse, welches nun schon vorhanden ist. Ein paar Notizen zur Lasagne als Fingerzeig finden sich trotzdem im Anschluss an das Jus-Rezept.
Wir wünschen viel Spaß beim Ausprobieren!
Joseph & Johannes
Der perfekte Jus.
// Luxus für Jedermann
GUTER JUS nimmt in unserer kulinarischen Welt einen ähnlichen Stellenwert ein wie es nur Kaviar, Champagner, Austern oder alle Lebensmittel von ganz aussergewöhnlicher Qualität können.
Jus lässt sich allerdings - und das macht ihn sehr besonders im Reigen der oben aufgeführten Luxusgüter - eigentlich nicht käuflich erwerben und muss selbst hergestellt werden.
Deswegen nimmt er einen demokratischen Ehrenplatz ein in der großen Runde der kulinarischen Extravaganzen:
Jus ist Luxus für jedermann, denn jeder kann Jus kochen. Alles was es braucht ist Zeit, Hingabe, Gemüse, Rotwein und Gewürze.
Man muss sich selbst nur den Aufwand wert sein.
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LUXUSRESERVE
Es hat sich für uns insbesondere auch im Alltag als bereichernd erwiesen, ein Glas guten Jus lagernd im Kühlschrank zu haben, spätestens wenn Überraschungsbesuch vor der Tür steht, den man mit einem zwanglosen, aber trotzdem anspruchsvollen Gericht beeindrucken will oder auch einfach als kleine Luxusreserve auf Abruf.
Ein Glas Alltags-Jus befördert dröge Sandwiches in ganz neue Dimensionen, ebenso wie jedes per se etwas einfache Essen ungemein aufgewertet wird - sei es simple Eier im Glas mit frischen Kräutern, Katerfrühstück am Sonntag mit Eiern und Speck, klassisches Pilz-Omelett oder schlichte Bratkartoffeln mit Gürkchen.
Ein paar Löffel Bratensaft drauf und aus einem ordinären Alltags-Moment wird ein expliziter Genuss-Moment mit Klasse.
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BRATENSAFT?
Unser Rezept ist nicht zufällig vegan - wir haben es entwickelt, als wir noch in der MARGARETE in Frankfurt (das Restaurant von Raffaela Schöbel und Simon Horn, in dem das FRANKFURTER BRETT damals übrigens seinen Anfang nahm und in dessen Küche wir die ersten Prototypen entwickelt haben) gearbeitet haben und einen veganen Menü-Abend gekocht haben. Als vegan noch neu war, 2014.
Ein Gast hatte damals unseren Ehrgeiz geweckt, indem er sagte, dass veganes Essen niemals perfekt sein kann, weil es keinen guten veganen Jus geben kann.
Auch wenn wir lange nicht mehr vegan leben, so ist dieses Rezept immer noch unser geschmacklicher Referenzrahmen, wenn es um Jus geht - es fehlt schlicht nichts daran.
Wer gerne Knochen und Fleisch verwenden möchte, einfach am Anfang mit anrösten und später mit auskochen lassen.
- DIE BRETT-SESSIONS | VOL.25
- „DER PERFEKTE JUS"
für ca. 1,5 Liter
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- 3 Flaschen Rotwein
- 1 Liter Wasser
- 1 Bund Suppengrün (Karotte, Knollensellerie,
- Lauch, Pastinake), komplett gewürfelt
- 200g Champignons, in Würfeln
- 200g Shitake, in Würfeln
- 1 grosse Gemüsezwiebel
- 300 g Räuchertofu
- 1 kleiner Bund Petersilie, Stängel fein gehackt,
- Blätter abgezupft
- 3-4 Lorbeer-Blätter
- 5 Wacholder-Beere
- 2 grosse Knoblauchzehen
- genau so viel Ingwer
- 1 Zweig Rosmarin
- 2 Zweige Thymian
- 1 Handvoll Oregano
- 6 Blatt frischer Salbei
- 1 TL Kümmel
- 2-3 Sternanis
- 2 EL grüner Pfeffer
- 1 EL Senf
- 3 EL Sojasauce
- 0,5 Tube Tomatenmark
- 5 EL Pflaumenmus
- etwas Stärke zum Abbinden
- 150 g Butter, gewürfelt und gekühlt (zum montieren der Sauce)
SCHRITTE
1 - Röstgemüse, Champignons, Shitake und die Zwiebel würfeln.
2 - Den Topf heiß werden lassen, mit wenig Öl, und die Hälfte des gewürfelten Röstgemüses und der Pilze hineingeben. Es geht darum, das Gemüse kontrolliert so stark wie möglich anzurösten, es darf ruhig ziemlich schwarz werden stellenweise.
Daher gilt
- Der Topfboden darf gerade so bedeckt sein mit den Gemüsewürfeln
- Die Gemüsewürfeln erst einmal liegen lassen, vorsichtig den Bräunungsfortschritt prüfen.
- Wenn es braun genug ist, einmal durchrühren, um die Würfel noch einmal von einer anderen Seite Farbe nehmen zu lassen
- dann das Gemüse in ein anderes Gefäß füllen und mit dem Rest der Gemüsewürfel wiederholen.
3 - Wenn der Topf nach dem letzten Bratgang leer ist, gibt man etwas Rotwein hinein, lässt diesen aufkochen und kratzt mit einem Spachtel gründlich und mit ausreichend Kraft die verbrannten Rückstände vom Topfboden.
Diese Rückstände und die Bräunungen an Gemüse und Fleisch geben dem ganzen Gericht später die dunkle Färbung und die kräftigen Röstaromen.
Währenddessen sollte nicht zu viel Wein im Topf sein – die Kratzbewegungen können sonst leicht zu hohe Wellenbewegungen verursachen, Verbrennungs- und Überflutungsgefahr.Sobald der Topfboden wieder einigermaßen sauber ist, kommt erst das Röstgemüse zurück in den Topf.
4 - Den Rest des Weins, Tomatenmark, Pflaumenmus, Senf und Sojasauce in den Topf geben. Räuchertofu einfach mit der Hand in den Topf zerbröckeln.
5 - Alle Gewürze und Kräuter, den Knoblauch, Ingwer und die Petersilienstängel entweder in einem Sieb in den Topf hängen oder zu einer Paste mixen und einrühren. Bei der Weiterverwendung des Röstgemüses sollte man nicht auf Sternanis-Kapseln rumbeißen müssen.
6 - Das Ganze sollte dann mindestens eine Stunde leicht köcheln. Am besten einen Deckel leicht versetzt drauflegen damit die wertvolle Sauce nicht zu stark verdampft.
7 - Nach Ende der Kochzeit das Gemüse in ein Sieb über einem Topf geben und die Sauce abtropfen lassen. Danach das Gemüse wieder zurück in den Topf, das Wasser darüber gießen, einmal umrühren, und direkt wieder in das Sieb über dem Topf geben. So hat man das Restsauce vom Gemüse gespült.
Das Gemüse abgedeckt in den Kühlschrank, den Topf wieder auf die Flamme.
Die Sauce abschmecken mit Salz, Sojasauce und etwas Zucker, bis es rund schmeckt. Dann mit Stärke abbinden, bis es je nach Gusto dickflüssig genug ist.
Kurz vor dem Servieren etwas kalte Butter einmixen und mit Parmesan- Röstbrot (hier mit Oregano und jungem Knoblauch) zum Tunken und Ofentomaten servieren. Und kaltem Bier.
NOTIZEN
Ein Jus ist eine hochintensive und konzentrierte, samtige, dickflüssige Sauce auf Rotweinbasis, mit satten Röstaromen und einem ganzen Strauß an Gewürz- und Kräuteraromen.
In dieser Variante benutzen wir viele frische Pilze für ordentlich Umami und breite Brust. Selbstverständlich kann man andere Pilze nehmen, oder getrocknete Shitake oder Steinpilze.
Eigentlich kann man in einen Jus ziemlich viele Sachen reinknallen, die schon lange in der Speisekammer zu schade sind um sie wegzuwerfen, aber auch nie zum rechten Moment den Sprung in die Aufmerksamkeit des hungrigen Kochs schaffen.
Gut dazu passt auch Rauchgeschmack. Wir haben hier Räuchertofu benutzt, aber Speck oder Raucharoma tut es natürlich auch.
Pflaumenmus, Tomatenmark, Senf und Sojasauce schaffen Bindung und einen herzhaften Grundton und binden alle Geschmäcker schön ein zu einer dichten, warmen, träge tropfenden Schüssel voller Glück.
Kurz vor dem Servieren mixt man klassischerweise ein paar Würfel kalte Butter in die Sauce, diese wird nochmal sämiger und fetter - die Essenden natürlich auch.
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Wir wollen das Gemüse für die Lasagne weiterverwenden, daher haben wir drauf geachtet, dass die ganzen Würzmittel, also Kräuter, Knoblauch, Ingwer und Gewürze in einem Sieb kontrolliert in der Sauce Geschmack abgeben können, aber danach auch leicht wieder herausgenommen werden können.
Man kann auch alles zusammen in einen Mixer geben und eine Art feiner Gewürzpaste herstellen und diese in die Sauce einrühren.
Das ist sogar besser, ist uns aber zu spät eingefallen. So ganz ehrlich gesagt.
Ofentomaten
// Würzig-süß. Unschlagbar lecker. Und so verdammt einfach.
Ofentomaten - einer unserer absoluten Klassiker.
Sie sind eine Ableitung von klassischen konfierten Tomaten, die man mit viel Öl und Gewürzen bei 100 Grad über mehrere Stunden ziehen lässt.
Unsere Variante setzt auf brutale Hitze, viel karamellisierten Zucker und unsere mittlerweile sehr fein austarierte Gewürzmischung, die auch starke Röstaromen abbekommt.
Im Öl unter den Tomaten schwimmen Knoblauch, Rosmarin und Thymian und geben Geschmack an das Öl ab, das sich nachher hervorragend mit Brot aufdippen lässt oder zu einem Salatdressing verarbeiten lässt.
Die Tomaten schmecken lauwarm am allerbesten, mit geröstetem Graubrot, in einem Salat oder als tolle Beilage zu eigentlich fast allem.
Salz und Zucker werden möglichst gleichmäßig wie Saatgut über den Tomaten verstreut - die Mengen mögen einem im ersten Augenblick ziemlich unseriös vorkommen, haben sich aber absolut bewährt.
Das Ergebnis sind intensive, warme, süße Tomaten, die im Mund aufschmelzen und bisher wirklich jedem außerordentlich gut geschmeckt haben.
Fast der schönste Aspekt ist das vermeintliche NICHT-Spektakel, wenn die Ofentomaten das erste Mal auf den Tisch kommen - und die fast ekstatischen Reaktionen auf die ersten Bissen. Understatement in Bestform.
- DIE BRETT-SESSIONS | VOL.25
- „Ofentomaten"
beliebig skalierbar
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- 1 Kg Tomaten
- 500 ml gutes Olivenöl oder anderes
- Pflanzenöl
- 15 g Zucker
- 7 g Salz
- 1 EL Nigella (Schwarzkümmel, gemahlen)
- 1 EL Fenchelsaat, gemahlen
- ½ EL Zimt
- 1/2 EL Pfeffer
- ½ EL Cumin (Kreuzkümmel)
- 1 Knolle Knoblauch
- 3 Zweige Rosmarin
- ½ Bund Thymian
SCHRITTE
1 - Den Ofen auf 250° Umluft vorheizen.
2 - In der Zwischenzeit die Tomaten vom Strunk befreien und in Sechstel-Spalten schneiden.
3 - Anschließend die Tomatenspalten in einer großen Schüssel mit dem Pflanzenöl vermengen.
So werden sie gleichmässig mit Öl benetzt und so können Salz, Zucker und Gewürze besser darauf haften.
4 - Die Knoblauchzehen mit der breiten Seite des Messers platthauen und mit Rosmarin und Thymian auf ein Backblech legen.
5 - Die trockenen Gewürze, wenn nötig, zusammen in einem Mörser zerstoßen oder – sehr sinnvolle Anschaffung – eine kleine elektrische Kaffeemühle benutzen.
6 - Nun die geölten Tomaten, mit der Hautseite nach unten, auf das mit Knoblauch und Kräutern ausgelegte Backblech geben, die Gewürzmischung, so wie Salz und Zucker gleichmässig darüber streuen und für ca. 25 Min. im Ofen rösten.
Wenn der Ofen eine Abluft-Funktion anbietet, dann gerne einschalten, so trocknen und intensivieren sich die Tomaten noch mehr. Wenn nicht kann man ab und an Stoßlüften, und durch kurzes Öffnen der Ofentür Feuchtigkeit ausleiten.
7 - Die Tomaten sollen kräftig verbrannt sein. Nach Ablauf der Zeit den Backofen vorsichtig öffnen und die Ofentomaten zum Abkühlen herausnehmen.
Am besten schmecken Sie lauwarm, daher, wenn Sie nicht direkt vernichtet werden, nach dem Aufbewahren im Kühlschrank erstmal etwas Zeit zum Temperieren geben.
Diese Tomaten sind auch eine großartige Beilage zu Hummus & Brot, oder zu Pasta anstelle von Sauce.
NOTIZEN
- DIE BRETT-SESSIONS | VOL.25
- „LASAGNA"
mit "recyceltem" Gemüse
Eigentlich eine Kombination, wie sie schöner nicht sein kann: Erst Samstag tagsüber stundenlang in der Küche stehen, die Seele baumeln lassen und nebenbei Jus produzieren, und dann Sonntags die Familie oder Freunde mit 5 schnellen Handgriffen aus den Resten des Jus in den ultimativen Lasagne-Himmel kochen.
Das Rezept unten ist relativ lose gestrickt - Lasagne kann ja eigentlich jeder und es kommt nun wirklich nicht auf Genauigkeit an. Bei der Béchamel muss man sich ein bisschen Mühe geben, aber das Wichtige ist das Röstgemüse und dass ist nun mal schon fertig vom Vortag.
WICHTIG: Die fertige Lasagne zum Backen mit Alufolie abdecken und erst zum Schluss abdecken. So kann man den Käse au Point gratinieren - schön braun und stellenweise kross, aber eben auch noch toll saftig und Fäden-ziehend.
1 - Das Röstgemüse des Jus mit Dosentomaten strecken und mit Salz & Pfeffer abschmecken.
2 - Eine klassische Béchamel ansetzen - dazu Butter in Topf schaumig schmelzen, und mit Mehl bestäuben, bis alles Fett gebunden ist. Mehlmasse etwas schwitzen lassen, dabei ständig mit Schneebesen rühren. Anschließend nach und nach Milch dazu geben.
Wir hatten noch frische Kräuter vom Vortag übrig und haben eine Art „ Kräutertee“ (in diesem Fall Thymian, Rosmarin, Salbei, Oregano, Lorbeer) aufgekocht und damit der eigentlich etwas faden Bechamel-Sauce einen schönen Twist gegeben. Dazu einfach einen Teil der Milch durch „Tee“ ersetzen.
3 - Mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss abschmecken und einmal aufkochen lassen.
4 - Lasagne in Ofenform stapeln, beginnend mit einer Lage Béchamel-Sauce. Dann Lasagne-Platten, gefolgt von Tomaten, dann Zucchinischeiben, dann Lasagne-Platten. Wiederholen, bis alle Zutaten verbraucht sind.
5 - Ordentlich Käse nach Wahl auf die oberste Schicht Lasagneplatten. Wir haben Scarmoza, Mozzarella, Parmesan und Taleggio verwendet - ist zu empfehlen, man kann aber auch fast nichts falsch machen.
6 - Lasagne mit Alu-Folie abdecken. So kann die Lasagne durchgaren, ohne dass die Käseschicht verbrennt.
7 - Lasagne für 20 Minuten bei 180° Grad Umluft in den Ofen.
8 - Alufolie entfernen, Lasagne für weitere 15 Minuten mit Oberhitze gratinieren
REZEPT: JOHANNES & JOSEPH SCHREITER | BILDER & VIDEOS: FRANKFURTER BRETT GmbH
Am Herd
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JOSEPH & JOHANNES SCHREITER |
Johannes kocht, und Joseph schreibt.
Jeder das, was er kann.
Essen tun wir dann zusammen.